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    Huerqueue – Wälder, Lagunen und ein Vulkan

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    Huerqueue – Wälder, Lagunen und ein Vulkan

    Der Nationalpark Huerqueue liegt in der IX. Region Chiles, direkt “hinter” dem bekannten Vulkan Villarrica (2840m). Weil er etwas schwieriger zu erreichen ist, ist der Parque Nacional Huerqueue etwas weniger gut besucht als der Parque Villarrica.

    Mit dieser Ansage, Essen für drei Tage und ausreichend Wasser im Gepäck machen wir uns von Pucón aus auf den Weg. Früh morgens fährt ein Minibus zum Eingang des Nationalparks. Der Minibus ist vollgestopft mit wandernden Touristen, so bleibt uns nur schaukelnd die ganze Wegstrecke im Stehen zurückzulegen. Im Bus ein Stimmengewirr aus verschiedensten Sprachen, Französisch, Deutsch, Englisch, Slawische Sprachen, alles war dabei – nur Spanisch habe ich nicht gehört.

    Am Eingang des Parks dann die erste Ernüchterung: ziemlich perfekt durchgeplant, drücken wir erst einmal 12.000 Pesos ab, um für zwei Nächte im Park bleiben zu dürfen. Ein gelber “wir haben bezahlt und dürfen hier sein”-Wimpel baumelt nun am Rucksack. Mit den vielen anderen latschen wir los, in der Hoffnung, dass sich das Getümmel im Laufe des Weges auseinanderzieht. Wir haben bei weitem die größten Rucksäcke, also werden wir wohl eher am Ende des Trosses zu finden sein.

    Die ersten paar Kilometer tangieren wir einen Rundweg, mit Schildchen vor Pflänzchen und Bäumchen und einigen Ruhebänkchen, die auch gut belegt sind. Die Sonne bricht durch die morgendliche Kühle, wir stoppen und ziehen uns um. Etwa 10 Meter vor uns tut es uns ein Pärchen gleich. Durch einen schönen Auracarien-Wald, an einem See entlang, schnaufen wir uns den ersten Anstieg hoch – und lassen sogar einige Mitwanderer hinter uns. An den ziemlich gut bemessenen “zu Atem komm”-Aussichtsplätzen halten wir an, schießen die obligatorischen Photos und schnaufen weiter. Am zweiten oder dritten dieser Mirador öffnet sich ein wirklich atemberaubender Ausblick auf die Lagune im Tal. Dahinter thront der Villarrica mit seiner perfekten Vulkangestalt und der weißen Kuppe. Wie es ein Kind – oder Bob Ross – zeichnen würde, steht er inmitten der Landschaft da. Ein kleiner Abstecher zu einem Wasserfall und es geht auf dem Sendero Los Lagos weiter bergauf.

    Als es etwas weiter abflacht geht es schlängelnd und über Brückchen an den drei Lagunen Lago Chico, Laguna el Torro und Laguna Verde vorbei. Wunderschön, still, sonnendurchflutet liegen sie da. Der Besucherstrom ist merklich dünner geworden, diese Lagunen sind für die Tagesausflügler der Umkehrpunkt – für uns ist das erste Drittel des Weges geschafft. Auf und Ab zieht sich der Weg, immer gut erkennbar, bis wir schließlich den höchsten Punkt des Weges und damit den Aussichtspunkt Mirador Renahue erreichen. Gleißend empfängt uns die Sonne, als wir aus dem Wald treten. Tiefblicke in das Tal, Weitblicke in die umliegenden Berge. Wir rasten lange im Schatten, bevor wir uns an den Abstieg wagen. Steil, staubig und ziemlich langwierig gestaltet sich dieser.

    Am Camp Renahue

    Gegen fünf Uhr erreichen wir den wilden Campingplatz. Nicht “wild”, weil man hier nicht Zelten darf, sondern wild, weil es ein Plumpsklo gibt, der Wasserhahn ist abgestellt und weil ziemlich viel Müll herumliegt. Als wir ankommen, stehen zwei weitere Zelte, eines davon gehört dem deutsch-chilenischen Pärchen, mit denen wir uns auf Anhieb gut verstehen. Wir planen lange und exakt, wo wir das Zelt platzieren, um von den morgendlichen Sonnenstrahlen zu profitieren, bauen gemächlich unser Lager auf. Der Platz ist von zwei Bächlein gesäumt, die sprudelnd und schäumend durch den Wald ziehen.

    Plötzlich taucht eine Kuh aus dem Wald auf. Dahinter noch eine. Alle Beteiligten, Kühe und Menschen, stehen etwas verdutzt herum, verrichten dann aber weiter die Dinge, die Kühe und Menschen eben so tun. Ich packe meinen Wasserfilter das erste (und letzte Mal) auf dieser Reise aus. Der Platz und der Wald ist übersäht mit Kuhfladen, außerdem liegt hier echt ziemlich viel Müll herum. Der Wasserfilter wird auch von den anderen Wanderern gerne genutzt.

    Kurz vor Einbruch der Dunkelheit knackt und raschelt es, und ein Typ in T-Shirt, kurzen Hosen und Machete stapft aus dem Wald. Wir anderen sind inzwischen wieder dicker eingepackt, es wird schon empfindlich kühl hier oben. Am von ihm entfachten Lagerfeuer stellt sich heraus, dass er als Ranger für den CONAF arbeitet. Feuer zu machen ist hier eigentlich strengstens verboten, aber wir einigen uns, dass wir alle kein Feuer sehen. Interessanter Typ mit tollen Geschichten. Selbstständig, Pleite, Aufenthalt in Neuseeland, dann durch Zufall an den Rangerjob gekommen. Er blickt vom Lagerfeuer auf, in den sternenübersähten Himmel. Er ist glücklich hier im Parque: “no Boss around and the stars above”. Da ist was dran. Lange sitzen wir und plaudern.

    In der Hitze des nächsten Tages machen wir uns auf zur Laguna Angelina, nur ein Tagesausflug, um dort oben zu baden und die Seele baumeln zu lassen. Der einzelne Angler verschwindet bald wieder im Wald und wir sind alleine. Die Lagune liegt wunderschön, eingerahmt zwischen schroffen Berggipfeln, umrandet von Wald und Schilf. Wir nutzen einen umgestürzten Baum als Geländer hin den See hinein. Eiskalt prickeln die Zehen, ausgiebiges Baden ist hier, jedenfalls für mich, unmöglich.

    Hitchhikende Vogelspinnen

    Tags darauf packen wir zusammen und ziehen auf dem Los Huerquenes ostwärts los, um dort am Ende des Nationalparks auf die Thermas de San Sebastian zu treffen. Auf dem Weg und im Wald entdecken wir noch mehr Kühe. Der Weg ist schon nicht mehr ganz so gut gepflegt, teilweise muss man etwas suchen. Auf einer solchen Suche dann geschieht genau das, wovor ich mich gefürchtet habe: es kitzelt am Bein. Es kitzelt weiter, ich schaue nach unten und kriege nur ein seltsam abgewürgten Schrei heraus: da sitzt eine Vogelspinne auf meinem Bein. Auf meinem nackten Bein! Verschreckt versucht sich das Mistvieh auch noch in meinen Stiefel zu flüchten. Ich schüttele sie ab, sie bleibt gerade lang genug für ein Photo sitzen… Brrrr. Naja, es war eher noch ein Baby, aber hey, auch Babyspinnen sind hässlich. Irgendwie funktioniert bei Insekten das Kindchenschema nicht so richtig.

    Thermas de San Sebastian

    Der Abstieg zu den Thermen zieht sich nochmals heftig und ist sehr steil. Wenn es geregnet hat, würde ich hier nicht wandern wollen. Froh und mit roten Köpfen kommen wir an der Therma de San Sebastian an. Der Betreiber bietet hier neben Camping auch noch Hütten zur Miete. Der Campingplatz ist gut ausgestattet, es gibt Wasserstellen am Zelt, Grillstellen – und vor allem: die Thermen! Ausgiebig nutzen wir das heiße Becken. Zu lange darf man nicht drin bleiben, das geht gehörig auf den Kreislauf. Wir kühlen uns mit kaltem Wasser aus einem Gartenschlauch, plaudern mit den anderen Gästen, und haben eine richtig gute Zeit hier. Zwei wuselige kleine Hunde und bestimmt zwanzig Katzen sorgen für Kurzweil.

    Das Trampen aus der Gegend heraus ist gar nicht so einfach, doch nach 20 Kilometern Fußmarsch an der Schotterpiste entlang, haben wir Glück und werden in einem LKW und später in einem nagelneuen, klimatisierten Pickup die 80 Kilometer bis nach Temuco chauffiert. Temuco, wieder mal. Langsam gewinnen wir das Nest lieb, der Lonely Planet liegt weit daneben mit seiner Bewertung von Temuco, welches seinen spröden Charme erst auf den zweiten, oder gar dritten Blick, offenlegt.

    Literatur:

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