Auch wenn die Tour schon knapp einen Monat zurückliegt, den Bericht und (vor allem) die Bilder möchte man doch nicht für sich behalten. Hier also, ungeachtet der aktuellen Verhältnisse, die Skitour auf den Tödi bei perfekten Bedingungen.
Auf gehts!
Wir starten gegen 23 Uhr in Linthal-Tierfehd (805m), im hintersten Eck der großen Baustelle der Linthaler Stauwerke. Die Skier sind noch am Rucksack, der Wirtschaftsweg geht direkt steil bergauf, bis wir hinter der Pantenbrugg (988m) anfellen können. Die Wolken der letzten schlechten Tage lichten sich schon ein wenig und lassen den (Fast)vollmond sein helles Licht scheinen. Jetzt gehts flach weiter, das Tal wird weiter, und beim Vorder Läger verpassen wir direkt die Brücke über den Bach. Also ein Stückchen zurück, auf die andere Seite und weiter über Vorder Sand bis zu den tief verschneiten Häusern von Hinter Sand (1300m). Wir haben ca. 2 Stunden gebraucht, ohne große Beeilung. Während wir hier unser Zelt aufbauen, überholen uns zwei Frauen, die ab jetzt die Ehre haben, weiter hinauf zu spuren, sie wollen nämlich noch zur Fridolinshütte. Eigentlich brauchen wir gar kein Zelt, die Luft ist klar, es wird heute nicht mehr schneien, und zur Not hat es bei den Hütten einen tollen Unterstand. Naja, nächste Mal…
Der Wecker klingelt gegen 5 Uhr, und während wir noch aufwachen und entknautschen, hören wir zwei oder drei Seilschaften aussen vorbeiziehen. Das motiviert, werden wir also eine schöne Spur haben in dem Neuschnee der letzten Woche. Wir verstauen die Schlafsachen und machen uns auf den Weg, steil hinauf durch den Wald bei Rietlen. Ein paar Kehren sind durchaus fordernd und die eisige Unterlage kommt zum Vorschein. Ab ca. 1500m wird das Gelände aber flacher und die Steilstufe öffnet sich zum breiten Kessel des “Tentiwang“. Zur Rechten geht es steil hoch zur Hütte, wir folgen aber den Spuren am linken Rand, welche sich komfortabel hochziehen zu einem Durchschlupf in der nächsten Steilstufe. Schon im Hellen stehen wir so auf 2000m am Anfang des Bifertenfirns. Der Tödi leuchtet im Sonnenaufgang zur Rechten und die Felswände um einen herum ragen eindrucksvoll tausend Meter in die Höhe. Wir sehen die spurende Seilschaft weit vor uns, und bedanken uns innerlich. Bei dem Neuschnee ein anstrengender Job, den keiner von uns gerne übernehmen würde. Am ersten Gletscherbruch geht es rechterhand vorbei, am Ende der Schneerinne steht die Grünhornhütte zur Rechten auf dem Felssporn. Den zweiten Gletscherbruch kann man auch links umgehen, wir halten uns allerdings geradeaus in Richtung Schneerus, eine bis zu 45° steile Felsrinne, in welcher bei gutem Schnee hochgelaufen werden kann.
Am Anfang der Rinne machen wir aber erstmal eine ausgedehnte Frühstückspause, mittlerweile sind wir in der Sonne. Die Eisbrüche des Gletschers sind wirklich sehr eindrucksvoll, man fühlt sich sehr klein. Geradezu aufraffend machen wir uns auf den Weg. Kurz wühlen wir uns zu Fuß hoch, dann kann man auch schon wieder anschnallen und in vielen Spitzkehren den Hang hinauflaufen. Oberhalb der gelben Wand (2807m) wird dann nochmal kurz pausiert, bevor es in der strahlenden Sonne flacher weitergeht. In weitem Bogen zieht sich die Spur um die senkrechten Eisschollen auf 3200m, die Luft wird dünner und die Aussicht dafür umso besser. Ich fluche über die schweren Schneestollen unter meinen Fellen, als ob die Skier nicht schwer genug sind… Zuhause werd ich sie imprägnieren, das schwör ich mir mehr als zehnmal 🙂 Die großen Spalten zwischen den zwei Gipfeln sind nur schwach sichtbar, aber vollständig mit Schnee gefüllt. Den letzten Atem zusammennehmen, und schön stehen wir bei perfektem wolkenlosen Wetter und nur wenig Wind auf dem Gipfel des Tödi (3614m)!! Wie lange haben wir darauf gewartet, dieser Gipfel steht schon lang auf unserer Liste!
Bis hierher haben wir 7 Stunden von Hinter Sand gebraucht, ausgiebige Pausen mit eingerechnet.
Pulverträume und Sulzkrampf
Die Aussicht lässt keine Wünsche offen, die ganze Ostschweiz liegt einem zu Füßen. Im Westen ziehen langsam die angesagten Wolken auf, liegen aber immer noch hinter den Eisriesen im Wallis. Wir sitzen eine Weile da und lassen alles auf uns wirken. So sehr wir uns auf die Abfahrt freuen, die Beine brauchen nach den 2800 Höhenmetern seit gestern Abend eine (kurze) Pause.
Als es uns zu kalt wird, gehts los. Direkt vom Gipfel kurz zum Sattel rüberqueren, dann auf herrlich aufgesulztem Pulver die weiten Hänge hinunter. Wir kommen an ein paar keuchenden Seilschaften im Aufstieg vorbei und ermuntern diese. Ungezählte Schwünge können wir auf dem weiten Gletscher ziehen, wir machen Filme und Fotos. Bis zur Schneerus sind es 800 Höhenmeter, traumhaft. Die Schneerus fahren wir einzeln, an der steilsten Stelle muss man ein paar Meter abrutschen. Unten weitet sich die Rinne wieder und in weiten Schwüngen geht es an den Brüchen vorbei. Bis zur Einfahrt ins Tentiwang fahren wir im schönsten Pulver, das waren schon 1600 Höhenmeter! Hier wird der Schnee sehr nass und von rechts rutschen immer mal wieder Nassschneelawinen ab. Wir halten uns vorsichtig in der Nähe des Bachs und kommen mit nur wenig anschieben zur letzten Steilstufe vor der Alpe. Hier fühlen wir uns wie die Leute vor 100 Jahren, und fahren wie auf Eiern den schweren Schnee und die Lawinenkegel hinunter.
Nach einer langen Pause in Hinter Sand packen wir entspannt die Schlafsachen ein und schieben uns die flachen Stücke das Tal hinunter. Ab Vorder Sand geht es praktisch immer runter, und wir gleiten entspannt und zufrieden die Strasse hinunter, bis uns auf der Pantenbrugg der Schnee ausgeht. So sind wir, vom Gipfel mit langen Pausen gerechnet, nach ca. 5 Stunden wieder bei unserem Auto in Tierfehd, wo wir nun unsere Füße in die Luft strecken und zufrieden die letzte Cola zischen 🙂