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    Körperliche Fitness und Morbus Crohn

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    Körperliche Fitness und Morbus Crohn

    Bei einem akuten Schub Morbus Crohn verwendet der Körper einen Großteil der Energie auf die Entzündung des Darms. Kein Nicht-Betroffener kann sich vorstellen, mit welchem Ausmaß an Erschöpfung man tag täglich leben muss.

    Oft genug reicht die Energie gerade so für den Toilettengang, manchmal auch das nicht und man bricht auf dem Weg dort hin zusammen. Oder rutscht von der Schüssel. Alles schon erlebt.

    Deshalb ist es (lebens-)wichtig, nach einem Schub die Reserven aufzufüllen und eine gute Konstitution aufzubauen. Man kann nie wissen, wann der nächste Schub kommt, wann man die aufgebauten und antrainierten Reserven anzapfen muss. Das gibt Sicherheit, das bedeutet für mich “vorbereitet sein”.

    Ernährung spielt natürlich eine große Rolle, um die Depots zu füllen. Genau so wichtig ist aber auch, Sport zu treiben. Eindrucksvoll bewiesen wurde mir das in der Reha-Klinik. Sport heilt zweifach: natürlich physisch, durch Kräftigung des Herz-Kreislaufsystems, durch Muskelaufbau, aber auch psychisch, vor allem wenn man in der Natur Sport treibt. Mir bringt es tiefe Befriedigung, zu erleben, wie ich mich von einem Häufchen Elend wieder zu einem Menschen entwickle, der die Natur genießen kann, weil der Körper das tut, was er soll: die Leistung bringen, die selbst ein einfacher Spaziergang im Wald nun einmal erfordert.

    Laufen

    Ich versuche, so viel wie möglich laufen zu gehen und trotzdem Ruhetage einzuhalten. So weit nichts neues, jeder Läufer wird das so machen. Durch meine Krankengeschichte stoße ich aber immer wieder auf Barrieren. 

    • Allgemeine Erschöpfungszustände, da bleibe ich einfach zu Hause, ich gehe nur am See spazieren oder bleibe einfach liegen und lese. Vorzugsweise natürlich über Abenteuer.
    • Für Erkältungen bin ich recht anfällig (der Darm ist ein wichtiger Teil des Immunsystems), auch da schränke ich die sportliche Betätigung ein. Ein Reha-Kollege hat einen festen Defibrillator implantiert bekommen, wahrscheinlich weil er trotz Erkältung Sport getrieben hat. Das brauche ich nicht auch noch.
    • Sehnen und Bänder brauchen ewig, bis sie sich an Belastungen gewöhnen, das bremst mich öfter mal aus. Mit Pausen, Pferdesalbe und Akupunktur kriege ich das meist nach einigen Tagen wieder in den Griff. Das kenne ich auch noch vom Anfang meiner Kletterei, da waren es die Sehnen am Ellenbogen und den Händen. Jetzt zwickt eben die Achilles-Sehne, die Knöchel oder die Fußsohle.
    • In der Ruhe liegt die Kraft! Öfter mal aussetzen, Gehpausen einlegen oder das Training abbrechen und gemütlich heimwärts gehen bringt mir im Moment wohl mehr, als das Lauftraining krampf- und zwanghaft durchzuziehen.

    Anfangs habe ich noch verzweifelt versucht, nach Puls zu laufen – auf dringenden Rat der Sporttherapeuten der Rehaklinik. Das war aber unmöglich, da ich schon nach geschätzten 10 Metern über dem Trainingspuls von 150 Schlägen lag. Irgendwann habe ich das ignoriert und auch öfter mal einen Maximalpuls von 203 erreicht. Ich war dann aber doch etwas beunruhigt und habe mich von einem Kardiologen checken lassen. Der meinte: alles gut, lass laufen, das pendelt sich schon ein! Die Pulsuhr läuft seitdem trotzdem mit, und befriedigt stelle ich fest, dass sich das wirklich bessert. Ein derart hoher Maximalpuls ist schon länger nicht mehr aufgetreten. Vermutlich lag es auch am Kortison, jedenfalls muss ich mich inzwischen schon echt anstrengen, auf 190 zu kommen. Der Ruhepuls ist auch noch weiter gesunken. Im Vergleich zu 80 Schlägen beim ersten Morbus Crohn Artikel im Juni bin ich bei 70 Schlägen angelangt. Deshalb liebe ich die Technik: sie bestätigt, halbwegs objektiv, was ich fühle, wie es mir geht, was möglich ist.

    Krafttraining

    Allgemeine Kräftigung und Krafttraining mache ich zu Hause mit Hanteln und Theraband. Um die Übungen aus der Reha-Klinik zu erweitern, habe ich mir ein Buch über Body-Weight-Training und eines zu Theraband besorgt, das mich am Morgen schon ganz schön schlauchen kann.

    Momentan aber, eher durch einen glücklichen Zufall, bin ich Mitglied in einem Fitness-Studio. Wooha, das erste Mal Mucki-Bude! Nein, so schlimm ist das gar nicht im Bestform-Fitness. Thomas, der Betreiber, ist ein echt fürsorglicher Typ mit ziemlicher Ahnung und einem Bekannten mit Morbus Crohn. Beste Bedingungen also. Dort kann ich ein- und ausgehen, wie es mir und meinem Körper passt.

    Zwei Mal wöchentlich bietet er Reha-Sport an. Mit Hilfe von TRX-Schlingen, an der Decke aufgehängt, kann man selbst ziemlich fein die Anstrengung dosieren. Dienstag Vormittags, aufgrund der Uhrzeit und des damit verbundenen Altersdurchschnitts, ist das Training eher gemütlicher, dafür gehe ich dann Donnerstag Nachmittags an die Grenze. Das Training mit den Schlingen ist wunderbares funktionales Training, das Kraft, Balance und Dehnung integriert und ganz schön anstrengend sein kann.

    Ergänzend trainiere ich noch im normalen Studio an den Geräten. Derzeit ist Kraft-Ausdauer-Training im “Milon”-Zirkel mein Favorit. Acht Stationen, die man der Reihe nach durchläuft. Immer eine Minute Training, und dreißig Sekunden Ruhepause und Zeit, um die Geräte zu wechseln. Nach den ersten drei Stationen kommt der Crosstrainer, danach weitere drei Stationen und zum Abschluss des Zirkels ein Rad-Ergometer. Crosstrainer und Ergometer waren bislang auf 150 Watt eingestellt, vier Minuten lang. Spätestens beim zweiten Zirkel habe ich das nicht mehr geschafft. Nach einer kurzen Rücksprache, ob eine Pause oder geringere Wattleistung besser wäre, haben wir auf 130 Watt reduziert.

    Trainingshäufigkeit und Arbeit

    Insgesamt komme ich in “guten” Wochen auf tägliches Training, meist pendelt sich das so auf drei bis vier Einheiten pro Woche ein, alle vier oder fünf Wochen etwa trainiere ich überhaupt nicht oder nur ein, zwei Mal, meist weil das “andere” Leben, also Arbeit oder Ähnliches zu stressig wird, oder ganz einfach weil ich erkältet bin oder etwas anderes mich plagt.

    Ich schätze mich glücklich, momentan nicht in einem Acht-Stunden-Tag gefangen zu sein. Ich hätte keine Zeit für mich und meinen Körper und vor allem hätte ich keine Zeit für die zwingend notwendigen Ruhepausen. Diese Freiheit “erkaufe” ich mir allerdings durch Geldnöte und einen nicht von der Hand zu weisenden Mangel an Sozialkontakten. Deshalb bin ich froh, einen schönen Nebenjob zu haben mit viel Kundenkontakt, froh über jedes Angebot, hier bei aufundab.eu etwas Werbung betreiben zu können, und natürlich froh über die wenigen Stammkunden, die mir treu die Stange halten und mir vertrauen. Wenn die Miete und die Krankenversicherung bezahlt sind und der Kühlschrank gefüllt ist, reicht das momentan. Klar, da ist jede Menge Luft nach oben, aber auch das wird wieder kommen, wenn die Zeit reif ist.

    Selbst-Optimierung, Protokollierung und Tracking

    Da ich ja schon ein wenig ein Nerd bin, protokolliere ich alles, die GPS- und Pulsuhr und mein Smartphone helfen mir dabei, Training und Ernährung zu tracken, Strava und rubyTrack enthalten schon einen recht ansehnlichen Datenberg, der mir Feedback gibt. Mir macht das einfach auch Spaß, zum Beispiel meinen Durchschnittspuls seit Januar visualisiert zu sehen und festzustellen, dass der immer weiter sinkt. Oder dass ich Durchschnitt schneller werde, obwohl ich mich nicht mehr anstrenge. Was habe ich den ersten zehn Kilometer-Lauf gefeiert!

    Ich lerne auch, diesen Daten zu vertrauen. Zum Beispiel zeigte der Ruhepuls im März, etwa eine Woche vor dem Leberabszess, deutlich, dass etwas nicht stimmt. Inzwischen würde ich auf solch ein Alarn-Signal hören und direkt zum Arzt marschieren.

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