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    Tessiner Bergwanderung auf den Gazzirola

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    Tessiner Bergwanderung auf den Gazzirola

    Sehr lange Tagestour (ca. 48km) von Rivera (440m) über Monte Bar, Gazzirola (2116m) und Denti della Vecchia bis nach Lugano (278m).

    Wir kommen um 00:56 Uhr mit dem Zug in Rivera an. Der Himmel ist sternenklar und die Luft sehr mild. Sofort schultern wir die sehr leichten Rucksäcke (im Gegensatz zu den Skitouren) und machen uns beschwingt auf Richtung Bironico, dem nächsten Ort. Wir unterqueren die Bahnstrecke und erreichen ein sehr schönes (zumindest im Lichtschein) Dörfchen namens Camignolo (447m). Dort zweigt der Wanderweg aus dem Tal ab und windet sich in den Wald. Auch wenn der beschilderte Weg sich nicht an den in der Karte eingezeichneten Wanderweg hält, folgen wir lieber den Schildern und erreichen Busio (P. 843). Ausgeschildert ist nun Gola di Lago, die grosse hügelige Hochebene, auf der wir unser Lager aufschlagen wollen. Es geht 150 Hm bergauf, wobei wir kurzzeit nicht sicher über die Wegführung sind, weil die Förster anscheinend ganz schön eingeschlagen haben die letzten Tage, und viele Bäume den Weg versperren. Einmal die Alpe Sta Maria di Lago (P. 1000) erreicht, geht es leicht bergab zur Wegkreuzung namens Gola di Lago. Der Himmel ist immer noch klar, der Wind hat allerdings zugenommen, und wir wollen uns etwas geschütztes zum Schlafen suchen. Der Wanderweg Richtung Zalto, Bolla und Cpa Monte Bar windet sich mehr oder weniger eben einen seichten Hang entlang. Hier und da stehen Häuser, mit malerischem Blick auf die jetzt wunderschön erleuchteten Ebenen von Lugano. Wir zweifeln schon, ob es hier überhaupt einen Schlafplatz für uns gibt, weil man ja auch nicht einfach im Vorgarten von jemandem pennen will. Also heißt es weitergehen, bis wir kurz nach der Wegbiegung nach Osten (bei Pian Passamonte), vor einem renovierten Schuppen ein ebenes Stück Weg finden. Hier haben wir einen einladenden Blick nach Süden und können uns auf ein weiches Graspolster legen. Die Isomatten und Schlafsäcke sind schnell herausgeholt und um 3:30 Uhr schlafen wir wie die Murmeltiere.

    Der Wecker klingelt um 6 Uhr, zweieinhalb Stunden Schlaf müssen halt reichen heute. Halbwegs frisch packen wir die Sachen zusammen und machen uns auf den Weiterweg. Der Himmel ist tiefblau, kein Wölkchen zeigt sich, und ein leichter Wind umweht uns. Als wir allerdings die Alpe bei P. 1194 erreichen, frischt dieser auf, und am Kreuz bei P. 1418 schlägt er uns ziemlich stark um die Ohren. Bei so einem Föhn braucht man auf jeden Fall gute warme Klamotten! Heute ist Nordföhn angesagt, das heisst das übliche Szenario von feuchter Luft im Süden und trockener, warmer Luft im Norden der Alpen ist genau umgekehrt. Unser Glück, wir haben uns ja das Tessin ausgesucht. Über den Bergrücken geht es geradeaus auf den Caval Drossa (P. 1632), ein erster Aussichtspunkt. Der Blick schweift über Monte Tamaro und sein Höhenrücken auf der anderen Talseite, und im Hintergrund erhebt sich schon das Monte-Rosa-Massiv und die Walliser Viertausender. Wir wenden uns davon ab und laufen auf dem baumfreien Kamm auf den Monte Bar (P. 1816). Die paar Schneefelder sind durch den Wind noch eishart gefroren. Auf dem Gipfel ist es 8:40 Uhr, der Wind lässt einen kaum stehen, aber das Panorama ist überwältigend. Von hier lässt sich die ganze Route des Tages einsehen.

    Weiter geht es in leichtem auf und ab zum Passo di Pozzaiolo (P. 1692), von wo das letzte schweißtreibende Stück Weg auf den Gazzirola hinaufführt. Wir begegnen noch niemandem, und um 10:30 Uhr stehen wir auf dem Gipfel, ein langgestrecktes Plateau (P. 2116). Die Schneeschuhe haben wir nicht gebraucht, der Schnee ist immer noch knüppelhart. Hier oben hat man eine super Aussicht auf den Alpenbogen. Die Apenninen sind zu sehen, die eindrucksvolle Monte-Rosa-Ostwand erhebt sich bis in den Himmel, und im Norden dominiert das Finsteraarhorn mit seinem spitzen Gipfel. In alle Himmelsrichtungen sind noch keine Wolken zu sehen. Im Osten sieht man ins Bergell, mit Piz Badile und Monte Disgrazia. Nach Süden die steile Waldlandschaft des Tessin zwischen Comer See, Luganer See und Lago Maggiore. Ein Traumtag heute.

    Von hier geht der Weg praktisch immer der Schweizer-Italienischen Grenze entlang, und Grenzsteine begleiten einen über den Kamm. Am “Südgipfel”, (P. 2091), treffen wir auf zwei weitere Wanderer, welche von San Lucio herüberkommen. Auf dem Runterweg über den langen und flachen Kamm kommen wir am Rifugio Gazzirola vorbei, und treffen einige Wanderer, die jetzt (der Wind hat hier nachgelassen) in kurzer Hose und T-Shirt aufsteigen können. Bei San Lucio, einer schönen Tessiner Steinkirche bei P. 1542, angekommen, befindet man sich voll im Wandertrubel. An so einem schönen Tag ist das ja auch kein Wunder. Den lässt man allerdings schnell hinter sich, wenn man wie wir dem Wanderweg weiter folgt Richtung Btta di San Bernardo, ein weiterer Pass.

    Dort angekommen, wird erstmal Pause gemacht. Der Wind weht hier jetzt gar nicht mehr, und die Sonne knallt mit voller Wucht auf uns herab. Da heisst es gut eincremen! Es gibt von hier zwei Möglichkeiten: Entweder über die Cima di Fojorina, das hiesse nochmal aufsteigen. Oder aber nördlich davon vorbei, dem Hang entlang, ohne Höhenmeter. Da wir ja unser Höhenmeterpensum praktisch schon ausgeschöpft haben bis hier, wählen wir den zweiten Weg. Hier liegt noch gut Schnee, die Spur ist aber immer noch recht hart und die Schneeschuhe kommen nicht zum Einsatz. Es riecht nach Wald, und doch liegt überall noch die Schneedecke, auf 1500 m. Um die Catelina (P. 1602) herum erreichen wir die Cap. Pairolo, aber nicht ohne vorher auf einer Wiese eine kleine Pause einzulegen. Es ist jetzt 13:45 Uhr, und wir haben noch einen langen Weg vor uns (zum Glück aber auch hinter uns, hehe).

    Von der Cap. Pairolo, auf der auch Hochbetrieb herrscht, führt der Weg kurz bergan und folgt dann der steilen Nordflanke der Sassi Palazzi. Kurz danach zweigen wir einer Markierung folgend ab, die rasch hinaufführt auf den zweithöchsten der “Denti”, dem Sasso Palazzo (P. 1484). Von hier hat man nochmal einen superschönen Ausblick auf fast die gesamte Route des Tages, sowie über die kitschiggrünen Wälder südwärts Richtung Lugano und Luganer See. An diesen Felsen hier kann man anscheinend auch gut klettern, zwei Kletterer machen sich grade ans abseilen.

    Nach kurzem Aufenthalt gehen wir wieder runter, folgen dem bewaldeten Kamm und finden den Wanderweg wieder, der nun immer leicht bergab Richtung Alpe Bolla führt. Dort sind wir dann um 16:00 Uhr, und nun folgen immerhin noch 800 Hm Runterweg, zuerst nach Cureggia und von dort in die Stadt nach Lugano. In Cureggia machen wir nochmal Pause auf der Terrasse vor der Kirche, mit wunderschönem Ausblick auf Il Salvatore, den “Zuckerhut” von Lugano. Noch einmal Flaschen auftanken, und es geht los die letzten Höhenmeter hinunter. Eigentlich wollten wir noch die Füsse einmal in den See halten, aber dazu kommts nicht mehr. Wir schauen ein wenig die Promenade an, laufen durch die Altstadt und kommen nach kurzem Treppensteigen am Bahnhof von Lugano an.

    Sehr lange Wanderung (ca. 45km) mit viel Auf und Ab (ca. 2500 Hm) über einen aussichtsreichen Bergkamm im Tessin. Nur auf Wanderwegen, kein bisschen anspruchsvoll, nur konditionell fordernd. Sicher auch eine sehr schöne Schneeschuhtour, dann aber auf jeden Fall kürzer machen oder zwei Tage einplanen.

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