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    Skitourentraum im Engadin

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    Pulvergenuss und menschenleere verschneite Täler führen auf den höchsten Berg des Oberhalbsteins, dem Piz Calderas (3397m).

    Das einsame Val Bever

    Endlich eine Skitour! Nach der langen Erkältung hält es mich kaum noch zuhause, wir fahren mit der Bahn ins Engadin und kommen dort um 23 Uhr in Spinas (1816m) an. Dieser Vorort von Bever besteht praktisch nur aus dem Bahnhofshäusschen, einer Alpe, einem Restaurant und einem Spielplatz. Jetzt im Dezember ist das hier hinten eher verlassen, nur der Bach rauscht munter in seinem Bett. Mit neuer Ausrüstung, die es zu testen gilt (GPS-Gerät, Trekkingrucksack), und den Skiern am Rucksack geht es denn gleich los. Dem Wanderweg ins Val Bever folgend laufen wir ab ca. 1900m auf einer geschlossenen Schneedecke. Die 15 cm Neuschnee der letzten Tage ist ob der kalten Temperaturen pulvrig wie nach dem Fall, unten drunter erleichtert uns eine harte Unterlage das Laufen mit den Wanderschuhen. Ab P. 2049 weitet sich das Tal und über die Wiesen von Plaun Pitschen und Plaun Grand erreichen wir nach 2 Stunden die Alpgebäude von Zembers da Suvretta (2145m). Hier machen wir erstmal die Leuchten an, bis jetzt konnten wir nämlich im durch die Wolken scheinenden Vollmond laufen. Die Isomatten und Schlafsäcke sind schnell gerichtet, und nachdem ich mein Abendessen im Schlafsack verbröselt hab, schlafen wir schnell ein.

    Als es hell wird, verstauen wir alles überflüssiges Hab und Gut an der Alpe und machen uns auf Skiern auf den weiten Weg durch das einsame Val Bever. In stetigem Auf und Ab geht es vorbei an der Alpe Tegia d’Val (2254m), das Bett des Beverins entlang. Die Wolken lichten sich immer mehr, ein paar Spitzen werden schon angestrahlt. Die Jenatschhütte (2652m) erreichen wir nach knapp über 2 Stunden nach einer Biegung des Tales und kurzem Aufstieg auf ihren Felssockel. Die Hütte ist gerade im Winterschlaf, es ist auch niemand im Winterraum. Wir lassen sie links liegen und beginnen den eigentlichen Aufstieg.

    Der Oberhalbstein

    Nach ca. einem flachen Kilometer wenden wir uns scharf nach links, geradeaus würde es zum Piz d’Err weitergehen. Erst am Rand und dann auf dem harmlosen Vadret Calderas geht es steiler an dessen orographisch rechten Rand hinauf. Die Felsen auf ca. 3000m werden oberhalb umgangen und wir erreichen bei schönstem Sonnenschein die große flache Gletscherfläche auf ca. 3100m. Wir bestaunen das überragende Panorama über das Sursés-Tal, welches selber allerdings unter einer Wolkendecke verborgen ist. Wir spüren die Höhe jetzt schon mehr, und auch die vielen Kilometer, welche wir durch das Tal gelaufen sind. Trotzdem, das Ziel ist in Sicht. Wir umgehen P. 3166 linkerhand und steigen in der steilen SO-Flanke des Gipfels in ein paar Spitzkehren hinauf. Hier liegt etwas mehr Pulver auf dem eisigen Untergrund, welcher uns manchmal anstrengend abrutschen lässt. Auf dem Südrücken angekommen, machen wir bald Skidepot und stapfen die restlichen Meter zum Gipfel zu Fuß auf. Hier liegt gerade nicht genug Schnee, um ohne Steinkontakt herunterzufahren, ansonsten kann praktisch wunderbar vom Gipfel abgefahren werden.

    Von der Hütte haben wir ca. 3,5 Stunden für den Aufstieg gebraucht. Läuft man erst dort los und ist dementsprechend fit, gehts bestimmt schneller.

    Das Panorama vom Piz Calderas (3397m) ist überragend, nach Norden sehen wir die Glarner Alpen, die Schesaplana, die Silvretta, weiter im Osten Ortler und im Süden das gute alte bekannte Berninamassiv. Auch das Patagonien der Schweiz, die Berge im Bergell, sind deutlich zu sehen. Die Täler liegen unter einer dicken Wolkendecke, wir sollten uns hier oben aber eincremen. Wir können es gar nicht glauben, es ist wirklich NIEMAND anderes unterwegs, wir haben perfekte Verhältnisse, Wetter und kein Wind.

    Erste Abfahrt des Jahres

    Zurück beim Skidepot werden die Skier schnell abgefellt, und schon gehts nacheinander die Hänge hinab. Wir packens nicht, endlich wieder Skifahren! Immerhin war die letzte Skitour am 1. Juni! Wir fahren links von P. 3166 und rechts von P. 3084 vorbei, was in einer weiten Rinne auf den unteren Teil des Gletschers führt und wir viel zu schnell wieder den flachen Abschnitt vor der Hütte erreichen. Das wars, der Rest ist noch Kür. Aber was für eine!

    An der Hütte kann man nochmal schön abfahren, bevor das Val Bever wieder flach wird und wir schiebend und langlaufend den Talboden entlang rutschen. Irgendwann ziehen wir die Felle an und laufen zurück zur Alpe da Suvretta. Hier geht gerade die Sonne hinter den Bergen unter, es wird kalt und wir schauen zufrieden auf das weit entfernte Gipfelziel zurück (das versteckt sich aber hinter den Bergen :)). Wir packen unsere Sachen zusammen, fellen die Skier ab und gleiten über die weiten Wiesen und die Alpstrasse bis ca. 1900m. Ein paarmal müssen wir abschnallen, trotzdem kommt man einfach viel schneller voran. Als die Schneedecke aufhört, wird es gerade stockdunkel und Nebel umfängt uns. Wir machen die Stirnlampen an, laufen den Kilometer zur Bahnstation und setzen uns glücklich in das Bahnhofshäusschen. Eine gelungene und sehr lange Skitour!

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