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    Die richtige Kleidung für das Winterabenteuer

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    Die richtige Kleidung für das Winterabenteuer

    ​Im ersten Teil der Artikelserie zum Outdoor-Winter haben wir die Grundlagen für ein Abenteuer in Schnee und Eis gelegt. Es wurden Themen angesprochen, die zur Planung einer solchen Tour wichtig sind. Im zweiten Teil werden erprobte Tipps und Tricks für die richtige Kleidung bei Kälte vorgestellt, um Euch für Touren winterfest zu machen.

    Von Kopf bis Fuß auf Kälte eingestellt

    Grundlage eines Bekleidungskonzeptes für den Winter ist einerseits das bekannte Zwiebelprinzip. Andererseits spielt auch die Tourenplanung für die Wahl der der richtigen und funktionalen Outdoor Bekleidung ein große Rolle. Vorab sollte man wissen, welches Wetter, Niederschläge und welche Temperaturen zu erwarten sind, um unterwegs auf Veränderungen schnell und effizient reagieren zu können. 

    Im Folgenden gehe ich von einem Standard-Szenario aus: einer langen Schneeschuhwanderung im tief verschneiten Gebirge mit Temperaturen zwischen -10 und 0 Grad Celsius – unter Umständen mit einer Übernachtung im Biwak oder im Winterrraum einer Hütte.

    Der Kopf

    Über den Kopf geht am meisten Wärme verloren, so lautet eine allgemeine Weisheit. Ob dies tatsächlich so ist, kann zwar angezweifelt werden, dennoch ist ein passender Kopfschutz für den Wärmerückhalt wichtig. Denn egal wie viel Wärme tatsächlich über den Kopf verloren geht, mit einer Mütze oder sogar einer Balaclava ist es in der Kälte natürlich deutlich angenehmer als mit kalten Ohren. Die Mütze sollte also auf jeden Fall gut über die Ohren reichen und vor allem – falls nötig – auch unter einen Helm passen. Windabweisende Materialien sind natürlich auch bei einer Mütze von Vorteil. Auch ein Schlauchtuch – etwa ein BUFF – um den Hals getragen, schützt empfindliche Hautpartien am Nacken und Hals. Wenn die Nase kalt wird, kann man das Tuch etwas hoch ziehen und so auch noch Mund und Nase bedecken. 

    Das ungeschützte Gesicht schützt man am Besten durch stark fetthaltige Creme wie zum Beispiel mit einer Wind-und-Wetter-Cremes für Babys. Langstreckenschwimmer schmieren sich den kompletten Körper ein mit solch einer fetthaltigen Creme. Sie sorgt dafür, dass zwischen Haut und Umgebung noch eine Schutzschicht aufgebaut wird. Fett ist ein schlechter Wärmeleiter, daher sollte in der Creme wenig bis kein Wasser enthalten sein und sozusagen wirklich nur Fett aufgetragen wird.

    Der Rumpf

    Meiner Meinung nach ist der Rumpf der wichtigste Körperteil, den es im Winter zu wärmen gilt. Wenn der Rumpf, und damit die inneren Organe, vor Kälte geschützt sind, wird einem ganz natürlichen, physiologischen Schutzmechanismus entgegengewirkt.

    Sobald nämlich die lebenswichtigen Organe von starker Auskühlung betroffen sind (also wenn die Körper-Kerntemperatur zu sinken beginnt), wird der Blutzufluss in die Extremitäten herunter geregelt, um mehr Blut und Energie für den Erhalt der grundlegenden Lebensfunktion einsetzen zu können. Auf „verzichtbare“ Extremitäten wie Finger, Zehen, Arme und Beine, nimmt der Körper dann dann keine Rücksicht mehr, schließlich kann man auch ohne Zehen ganz gut überleben.

    Der beste Schutz vor kalten Füßen und Händen oder sogar Erfrierungen ist demnach ein funktionales und warmes Lagensystem aus verschiedenen, auf einander angepassten Kleidungsschichten nach dem Zwiebelprinzip.

    Die Unterwäsche (im Fachjargon Baselayer oder „next-to-skin“) sollte in erster Linie die Feuchtigkeit an die nächste Schicht ableiten und, je nach Bedarf, mehr oder weniger wärmend sein. Damit das auch gut funktioniert, sollte diese eng anliegend sein und tatsächlich größtenteils Kontakt mit der Haut haben.

    Baselayer aus Synthetik haben den Vorteil, dass sie keine Feuchtigkeit in ihren Fasern speichern können. Sie sind also gerade für hochpulsige Sportarten oder für Leute empfehlenswert, die schnell oder viel schwitzen. Der Nachteil solch einer Kunstfaser ist, trotz aller technischer Neuerungen wie die Behandlung des Stoffes mit Silbersalzen oder ähnlichen Techniken, dass das Shirt innerhalb kürzester Zeit sehr streng zu riechen beginnt. Das Gewebe wirkt nämlich wie ein Filter: das Wasser wird durch das Material hindurch abtransportiert, die gelösten Teile, Salze und Bakterien bleiben aber im Stoff hängen. Genau dies, in Kombination mit Wärme und Feuchtigkeit, bietet den Bakterien einen hervorragenden Nährboden und erzeugt dann relativ schnell unangenehme Gerüche.

    Weniger geruchsintensiv sind da Naturfasern wie Wolle. Gerade Wolle aus Merinofasern funktioniert sehr gut, da die Fasern der Wolle einen extrem dünnen Querschnitt haben, besonders weich sind und so auch nicht auch der Haut jucken. Die Wollfasern halten zwar etwas Feuchtigkeit zurück, können sich also durchaus einmal feucht und klamm anfühlen, wärmen dann aber immer noch. Dafür riechen Naturfasern aufgrund einer natürlichen Schutzschicht aus Wollfett nicht so schnell. Dieses Wollfett wird aber auch relativ schnell herausgewaschen, deshalb sollte man Merino selten waschen und lieber gut auslüften.

    Absolut tabu hingegen ist Baumwolle. Sie saugt sich voll und gibt die Feuchtigkeit nicht mehr weiter, wirkt also wie ein Staudamm. Zudem kollabieren die Fasern, die Oberflächenstruktur wird glatter und die feuchte Faser schmiegt sich an der Haut an. Die enthaltene Feuchtigkeit kühlt den Körper immer weiter herunter, da Wasser ein sehr guter Wärmeleiter ist.

    Zur Isolation können, je nach Kälteempfinden, vom Fleece über Powerstretch bis hin zur dünnen Kunstfaser- oder Daunenjacke, alles zum Einsatz kommen. Wichtig ist hierbei vor allem, dass die Feuchtigkeit vom Baselayer über die Isolationsschicht nach außen transportiert werden kann. In dieser zweiten Schicht, dem Midlayer, hat man den größten Spielraum, was die benötigte Isolationsleistung angeht. Bewährt hat sich auf mehrtägigen Touren, ein dünnes Powerstretch oder Grid-Fleece und eine dickere Kunstfaserisolation mitzunehmen. Damit sollte man für die meisten Temperaturschwankungen gerüstet sein und kann die Isolation anpassen. Zum Gehen nur das Fleece anziehen, bei Pausen oder großer Kälte kann man die Kunstfaser-Isolation drüber ziehen.

    Daune ist zwar sehr angenehm zu tragen, wiegt weniger und fühlt sich wärmer und trotzdem fluffiger an, hat aber einen entscheidenen Nachteil: Daune ist feuchtigkeitsempfindlich. Wenn man in die Daunenjacke hineinschwitzt, gibt sie die aufgenommene Feuchtigkeit kaum mehr her beziehungsweise leitet sie an die nächste Schicht nicht weiter und die Isolationsleistung sinkt immer mehr.

    Die mit “warm when wet” angepriesenen Kunstfasermaterialien verlieren, wenn sie nass sind, trotzdem gehörig Isolationsleistung und fühlen sich in nassem Zustand immer noch eklig an und führen so trotz allem auch zur Auskühlung. Nur wenn man peinlich genau darauf achtet, dass die Isolationsschicht so trocken wir möglich bleibt, kann man Auskühlung weitestgehend vermeiden.

    Die äußere Shell-Schicht soll vor allem Wind und Wetter abhalten. Im Winter funktionieren die High-Tech-Membranen im Allgemeinen sowieso ganz gut, also reicht eine günstige Hardshell vollkommen aus. Wenn es deutlich unter 0 Grad hat, sind Softshells zu empfehlen: diese atmen deutlich besser als Hardshells, sind bequemer und halten ausreichend die Taunässe von außen ab. Wichtig ist nur, dass sie eine möglichst glatte Oberfläche haben, damit der Schnee nicht haften bleibt.

    Die Beine

    Sehr gut bewährt haben sich bei mir lange Unterhosen oder Tights entweder aus Merino oder aus Powerstretch wenn es wirklich kalt wird. Darüber trage ich meist eine Softshellhose, die den Wind draußen hält. Die Hardshell kommt eher beim Eisklettern oder bei extremeren Wintertouren zum Einsatz. Wenn zum Beispiel keine Möglichkeit besteht, die Kleidung wieder zu trocknen, setze ich komplett auf Kunstfaser und Hardshell. Ansonsten sind Beine recht pflegeleicht und kälteunempfindlich. Das wussten schon die alten Pfadfinder, schließlich latschten diese den halben Winter noch in kurzen Hosen durch die Pampa.

    Hand und Fuß

    Die Hände packt man am Besten in Fäustlinge, die wasserabweisend oder gar -dicht sein sollten. Fäustlinge haben zwei Vorteile: eine geringere Oberfläche, damit weniger Angriffsfläche und die Finger können sich gegenseitig wärmen. Sie sollten als zusätzliche Isolationsschicht einen herausnehmbaren Innenhandschuh haben, der auch schnell wieder trocknen kann. Dünne Unterziehhandschuhe, beispielsweise aus Seide oder Kunstfaser, erfüllen aber auch diesen Zweck. Wenn man Fingerhandschuhe bevorzugt, sollte man unbedingt auf gute Passform achten: sobald sie zu eng anliegen, wird die Blutzirkulation gestört, was zu kalten Fingern führt.

    Bei den Füßen streiten sich die Geister, ich bevorzuge jedoch gut sitzende Schurwollsocken, unter Umständen mit einem sogenannten Liner darunter. Viele Generationen von Berggängern nutzten diese, und momentan scheinen Naturfasern auch wieder in Mode zu kommen. Schurwolle hat wie Merinowolle den Vorteil, dass sie Gerüche kaum und sehr spät annimmt. Die Wärmeleistung ist sehr gut, eine gute Passform, also weder zu weit noch zu eng, vorausgesetzt.

    Wichtig: wenn Wolle einmal richtig nass ist, bekommt man sie schwer wieder trocken, daher immer ein Paar Ersatzsocken (und Handschuhe) wasserdicht verpackt im Rucksack mitführen.

    Allgemeines und Tipps

    Die wichtigste Grundregel: Wasser ist ein sehr guter Wärmeleiter. Daher sollte man unterwegs unbedingt darauf achten, nicht nass zu werden. Nässeschutz von außen übernimmt die Shell-Schicht, von innen (als Schwitzen) übernimmt die auf einander abgestimmte Schichtung der Kleidung.

    Beim Gehen beziehungsweise in Bewegung sollte man durch Ausziehen der warmen Isolationsschicht darauf achten, dass man nicht zu sehr ins Schwitzen kommt. Ein leichter Baselayer, darüber ein dünnes Fleece und eine atmungsaktive Jacke sollte bei Bewegung genug Körperwärme “einfangen” und halten, um nicht zu frieren.

    Das Gepäck für eine Wintertour ist deutlich schwergewichtiger, da man wesentlich dickere, damit schwerere und voluminösere Kleidung und Ausrüstung benötigt, und auch weil ausreichend wasserdicht verpackte Ersatzkleidung (mindestens Shirt, Socken, Handschuhe) mitgenommen werden muss. Falls die Kleidung nass werden sollte, ist das Trocknen recht zeitaufwändig – eher sogar unmöglich.

    Außerdem ist der Kalorienbedarf im Winter deutlich erhöht, man verbraucht mehr Brennstoff, da man unter Umständen dazu gezwungen ist, Schnee zu schmelzen. Man sollte gerade bei großer Kälte auf die Trinkmenge achten. Das Durstgefühl verändert sich, es kann nicht schaden, sich einen Trinkalarm zu setzen.

    Die sind alles Faktoren, die zu einem schwereren Rucksack führen. Wer mit Schneeschuhen oder Skiern unterwegs ist, sollte bei der Auswahl der Schneeschuhe diese etwa sechs Kilogramm Rucksack(mehr-)gewicht mit einplanen.

    Dieser Artikel ist Teil 1 der Serie zum Outdoor-Winter:

    Mehr  zum Thema: Kleidung: das optimierte Zwiebelprinzip // Winterbiwak // Daypack im Winter // Einkaufsguide für Winterausrüstung

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